Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen.
Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang von Goethe
Hier am Ende der Welt scheint wirklich die Zeit stillgestanden zu sein. Wir sind die einzigen Touristen weit und breit und und ausser ein paar Häusern, deren Bewohner vom Fischfang leben, gibt es lediglich einen winzigen „Tante Emma Einkaufsladen“, dessen Regale jedoch nur halbpatzig mit Lebensmitteln gefüllt sind. Heute zeigt sich das Dorf im schönsten Sonnenlicht, wie es den Menschen hier wohl in den langen, einsamen Wintermonaten ergehen wird?
Nach zwei regenreichen aber gemütlichen Tagen im Cottage zeigt sich die Sonne wieder und wir glauben es fast nicht, als wir auf den Thermometer schauen: 1 Grad über Null und heftiger Wind! Mütze, Handschuhe und Schal sind nun angesagt und erst dann wagen wir uns wieder vor die Türe. Wir umrunden die Bonne Bay mit dem Auto und fahren eine sehr schöne Teilstrecke des Highway 430 weiter nördlich. Dieser führt Richtung St. Barbe, wo die Fähre zum Übersetzen nach Labrador ablegt. Dorthin wollen wir aber nicht und so stoppen wir am Green Point, wo eine einzigartige Felskonstellation zu bewundern ist. Im Visitor Center konnten wir erfahren, dass die Steine Billionen Jahre alt und die Landschaft von horizontaler in die Vertikale verschoben worden sind. Für uns unvorstellbar! Berührt man einzelne Schichten der Steine, fallen sie zusammen wir Pergamentpapier, als Gesamtes betrachtet ist der Fels aber sehr stabil und trotzt allen Wetterbedingungen. Wir durften einen einmalig schönen Einblick von Neufundland erleben und fahren am nächsten Tag Richtung Port aux Basques, wo wir am späten Abend die Fähre zurück auf das Festland von Nova Scotia nehmen wollen. Leider wird gerade ein Herbststurm angekündigt und die Fährverbindungen müssen eingestellt werden. Wir finden nahe des Ferry Terminals einen Campground und erleben einmal mehr, was die dunkle Seite der Natur alles zu bieten vermag. Unser Blue wird in der Nacht von Windböen von bis 120km/h kräftig durchgeschüttelt. Es bleibt für uns eine ungemütliche, schlaflose Nacht. Wir haben seit unserem Unfall mit dem umgestürzten Baum eine psychische Labilität... Nach 24h des Wartens hat sich der Sturm abgeschwächt. Wir entscheiden uns, die erst mögliche Fähre zu nehmen, obschon die Wetterbedingungen mit hohem Wellengang bis zu vier Metern keine angenehme Überfahrt zu erwarten lassen. Auf das Schlimmste eingestellt besteigen wir um 23:00 die Nachtfähre und finden nach grossem Engagement seitens Pascal einen Komfort Sitz. Da drei Fähren abgesagt werden mussten ist die Fähre nun ausgebucht und im voraus gemachte Reservationen sind hinfällig. Zu unserer Überraschung verbringen wir eine gute Nacht und bewundern das grosse Schiff, wie es die riesigen Wellen mit Bravour meistert. Um 07:45 erreichen wir zwar mit Verspätung aber glücklich wieder das Festland in North Sydney. Die folgenden zwei Tage fahren wir Richtung Gaspehalbinsel und finden unterwegs viele lauschige und belebte Dörfer. Der grosse Touristenstrom ist nun vorbei und wir geniessen die einsamen naturbelassenen Gegenden. Andererseits müssen wir nun beachten, dass einige Campingplätze bereits geschlossen sind und wir doch schon wieder recht kühle Herbstbedingungen zum Campen haben. Sprich tags teils um die 10 Grad - gefühlt mit Windchill oft ein bis fünf Grad - und nachts fällt die Temperatur auf zwei bis vier Grad. Gottlob funktioniert unsere Heizung, da wir nun unterhalb der magischen 1000 Höhenmeter-Grenze sind. In den Nationalparks im Westen der USA waren wir oft über 2300 Meter hoch und so mussten wir Wohl oder Übel ohne Heizung auskommen und schlottern. Die Gaspehalbinsel mit dem berühmten Forillon Nationalpark begeistert uns total. Auf der Hinfahrt zum Park sehen wir am Strassenrand unverhofft ein scheues Tier, das sehr selten zu sehen ist: ein Luchs!!! Seht selbst das Starfoto, das Pascal von diesem Prachtstier machen durfte. Als hätte er sich extra für uns in Pose gesetzt und gewartet, bis Pascal den Auslöser des Fotoapparates gedrückt hatte. Welch erhabener Moment für uns. Wir wandern anschliessend zum Leuchtturm am Cape Gaspé und lassen uns durch das bezaubernde Städtchen „Gaspe“ bereichern. Endlich finden wir meine lang ersehnten „Poissonnerien“! Es macht einfach nur Spass, vor Ort frischen, leckeren Fisch in allen Varianten einkaufen zu können. Hier lässt es sich leben! Nach drei Tagen zieht es uns weiter zur Westküste der Gaspehalbinsel Richtung Ste-Anne-des-Monts. Wir finden direkt am Meer wieder einmal einen der schönsten Campingplätze der Welt. Wir sind die einzigen Camper und da niemand das Office zur Anmeldung bedient und wir an den angegebenen Telefonnummern niemanden erreichen stecken wir kurzentschlossen unser Stromkabel ein und machen es uns gemütlich. Am nächsten Morgen schaut ein alter, sympathischer Mann namens Carol bei uns vorbei. Er ist der Besitzer des Campingplatzes und alles läuft sehr unkompliziert. Wir schwatzten zusammen, bezahlen den Standplatz und sind erstaunt, dass wir sogar beim Duschen Heisswasser vorfinden. Wir fahren am nächsten Tag zum Touristenbüro des Gaspé National Parks, wo wir uns über die Wandermöglichkeiten informieren lassen. Wir haben gehört, dass es hier Gaspé Karibus gibt. Diese wollen wir natürlich suchen gehen! Der Tag ist schon etwas fortgeschritten und heute machen wir nur eine kleinere Wanderung. Zurück geht es die 40km zum Campingplatz und wir kommen am Folgetag wieder. Das Wetter ist schön aber sehr kalt. Wir fahren 80km in den Park hinein, davon 40km auf unbefestigter Strasse. Unser Blue erweist sich einmal mehr als Goldstück. Ein Shuttlebus bringt uns und ein paar andere Touristen zum Ausgangspunkt der Besteigung des Mont Jaques Cartier, wo wir Karibus sehen sollten. Die 5km und 500 Höhenmeter überwinden wir zügig, auf dem Gipfel weht ein kalter Wind, es sollen gefühlt -15° sein! Die Landschaft oben auf dem Gipfel ist mit grünen Flechten bewachsen, was zum Grundnahrungsmittel der Karibus gehört. Aber wo sind sie nur? Von einem Aussichtsturm beobachten wir die wunderbare Gegend und plötzlich zieht ein einzelnes Karibumännchen vorbei. Einige Momente geniessen wir das faszinierende Tier. Es sollte das einzige Tier bleiben, das wir zu Gesicht bekommen. Glücklich nehmen wir den Abstieg zur Schutzhütte in Angriff, wo wir auf den Shuttlebus zurück zu unserem Blue warten. Unsere Weiterreise führt uns 300km der Küstenstrasse entlang nach Riviere du Loup, wo wir mit der Fähre in einer Stunde den St.Lorenz Strom überqueren und in Saint-Simeon ankommen. Wir wollen die letzten Wochen unserer langen Auszeit nochmal so richtig geniessen und mieten uns in Saguenay ein kleines Häuschen direkt an einem Fjord. Im nächsten Blogg seht ihr unser Logie und was wir auf der Suche nach dem berühmten „Indian Summer“ in der Provinz Quebec gefunden haben.
2 Comments
Ninie
5/10/2018 07:56:23
Liebe Overlanders
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Pascal
5/10/2018 20:54:09
Hallo Ninie vielen Dank :-) Mittlerweile ist es zwischen 0 und 10 Grad aber die Sonne taucht alles in herrlich warmes Licht. Die Farben faszinieren uns immer wieder aufs Neue und lassen manchmal die Kälte etwas in den Hintergrund treten. Ich hoffe es ist für den Lauftreff immer noch angenehm warm. Liebe Grüsse Pascal und Monika
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